1. Mai Rede

Ich denke, es ist am ersten Mai wieder einmal an der Zeit, zu sagen: ich liebe diese Welt. Und dies nicht als verblendeter Gutmensch, sondern im Versuch, ein guter Mensch zu sein.

Ich liebe meine Welt, Meine Familie, meine Freunde. Niemand von uns muss hungern, alle können wir wählen wen wir wollen und wir können selber auswählen wen wir heiraten, was wir arbeiten und an welchen Gott wir glauben wollen.

Aber unsere Welt, die wir so lieben, unser Leben, das wir so geniessen, wir lieben sie und geniessen es auf dem Buckel anderer.

Benjamin und ich wurden hierher eingeladen, um unsere Forderungen, um die Forderungen der Klimastreikenden, zu platzieren. Eigentlich nicht sehr kompliziert - wir fordern bloss, dass die Erde noch eine Weile bewohnbar bleibt. Aber mit einer Weile meinen wir halt länger als die Lebenserwartung eines 50-jährigen Erdöllobbyisten. Und mit bewohnbar bleiben meinen wir halt für mehr Menschen als jenen 50-jährigen Erdöllobbyisten.

Und weil das dem Erdöllobbyisten nicht immer so ganz klar ist, haben wirs noch etwas ausformuliert:

Wir fordern nämlich 1. die nationale Ausrufung des Klimanotstands, 2. netto null Treibhausgasemissionen bis 2030 und, worüber wir heute reden wollen, wir fordern 3. Klimagerechtigkeit.

Klimagerechtigkeit bedeutet im Wesentlichen, dass wir neben einem Grossteil unseres Lebens nicht auch noch die Klimakrise auf dem Rücken anderer austragen dürfen.

Denn extreme Wetterbedingungen treiben schon heute jedes Jahr 26 Millionen Menschen in die extreme Armut. Extreme Armut, das bedeutet, von weniger als 1.80 Fr. pro Tag leben zu müssen.

Denn selbst wenn wir das 1,5°C-Ziel erreichen steigt der Meeresspiegel um einen halben Meter an und die Heimat von ganzen 50 Millionen Menschen versinkt im Meer.

Denn wenn wir das Ziel nicht erreichen, wenn wir mit unserer Lebensweise weitermachen wie bisher, erwartet uns bis 2100 eine Klimaerhitzung von 4° bis 6°C. Eine Klimaerhitzung von 4° bis 6°C bedeutet, dass sich die Tragfähigkeit der Erde auf eine Milliarde Menschen reduziert. Und das bedeutet, dass 7 von 8 Menschen sterben werden. 7 von 8 werden sterben.

Und wir wissen alle ganz genau, dass nicht der 50-jährige Erdöllobbyist als Erstes sterben wird. Und auch nicht seine Kindeskinder.

Die Menschen, die heute unter der Klimakrise leiden und die noch viel stärker leiden werden, sind Menschen im globalen Süden, die teilweise einen 4-mal kleineren ökologischen Fussabdruck haben als wir hier in der Schweiz.

Und es sind 14-jährige Mädchen, die in Malawi zwangsverheiratet werden, weil Wetterextreme zu Ernteverlusten und Ernteverluste dazu führen, dass nicht mehr genug Geld da ist, um alle Kinder zu ernähren.

Die Klimakrise verstärkt bestehende Diskriminierungen, auch die der Frauen*. In der Schweiz führen mehr feuchte, heisse Tage dazu, dass mehr alte Frauen* sterben. Bei Naturkatastrophen sind Frauen* meist die letzten, die davon erfahren, weil sie Zuhause, und ihre Männer* bei der Arbeit sind.

Die Klimakrise verstärkt Diskriminierungen und stützt bestehende Privilegien.

Denn einige wenige haben diese Klimakrise zu verantworten, und diese einen wenigen werden die Auswirkungen fast nicht treffen.
einigen wenigen ist es scheiss egal, wenn ganze Völker ihre Heimat verlieren.
Denn einige wenige haben sich jahrzehntelang, an der Klimakrise bereichert und tun das noch immer.

Das ist nicht gerecht. Aber wir wollen, wir brauchen Klimagerechtigkeit. und Klimagerechtigkeit bedeutet auch, dass nun diese wenigen endlich die Kosten tragen müssen.

Denn 100 Unternehmen sind für fast 3/4 aller weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Schweiz verantwortlich mit ihrem Finanzplatz und den Investitionen in fossile Energien einen Co2 Ausstoss der 22 mal Grösser ist als der Gesamt Ausstoss der Industrie und Bevölkerung der Schweiz zusammen. Sie steht somit auf PLatz 6 der Umweltverschmutzer. Das 130. grösste Land steht auf platz 6. Das ist traurig. Die Schweizer Banken investieren in Milliarden höhe in Öl und Kohle. Stellt euch vor , was wir erreichen könnten wenn diese Gelder in Nachhaltige Energien fliessen würden. Aber die Banken bereichern sich lieber an der Zerstörung unserer Welt und Politikerinnen und Politiker schauen einfach nur zu und tut nichts.

Aus allem, was wir gerade erzählt haben, ergeben sich eigentlich zwei Handlungsoptionen:

Option 1: Wir passen die gesellschaftlichen Verhältnisse so an, dass alle gleich stark unter der Klimakrise leiden, dass die 1 Milliarde Überlebenden nicht nur reiche weisse Männer sind.

Option 2: Wir halten die Klimakrise auf.

Wir sagen, tun wir beides!

Denn auch ich liebe diese Welt. Aber ich bin überzeugt, dass wir nicht in der besten aller möglichen Welten leben. Müsste ich das annehmen, wäre meine Perspektive eine düstere.

Aber wir haben noch eine vierte Forderung. Nämlich: Falls unseren ersten 3 Forderungen im aktuellen System nicht nachgekommen werden kann, dann braucht es einen Systemwandel.

Einige sagen, das sei extrem. Tatsächlich setzen wir damit zunächst bloss eine Priorität.

Wir sagen: Der Erhalt einer lebenstauglichen Umwelt ist wichtiger als unser Wirtschaftssystem.

Wir hoffen, dass es bald nicht mehr profitabel sein wird, Menschen und Umwelt auszubeuten.

Nein, wir hoffen nicht, wir fordern.

(Rede von Cybel Dickson und Benjamin Flur Koch am 1. Mai 2019 in Baden)