Wieso Frauen* fürs Klima streiken sollten, ist offensichtlich: Die Klimakrise verstärkt bestehende Ungleichheiten - vor allem wirtschaftliche - und Frauen* machen weltweit 70% der armen Bevölkerung aus. Diejenigen, die die Klimakrise am härtesten trifft, sind also Frauen* im globalen Süden. Weil überlebenswichtige Ressourcen teuer werden. Aber auch weil 14-jährige Mädchen in Malawi zwangsverheiratet werden, denn Wetterextreme führen zu Ernteverlusten und diese dazu, dass kaum Geld da ist, um alle Kinder zu ernähren [Quelle 1]; weil bei einem Tsunami in Südostasien vier mal so viele Frauen* sterben wie Männer*, denn sie können seltener schwimmen oder sind auf der Flucht für Kinder und ältere Familienmitglieder verantwortlich. [Quelle 2]
Wieso Klimaschützer*innen für feministische Anliegen streiken sollen, scheint weniger klar, ist aber simpel: Zahlreiche tragende Akteur*innen unserer Bewegung sind Frauen*. Und weil auch die Klimastreik-Bewegung genderspezifische Normen reproduziert, gibt es Männer*, die in Diskussionen viel Raum einnehmen und Frauen* sowie schüchterne Menschen unterbrechen; räumen nach Meetings vor allem Frauen* auf und sind tendenziell Männer* am Megafon. Daran arbeiten wir als Bewegung bereits - das ist feministische Arbeit.
Weiter lautet die zweite Forderung des Klimastreiks “Klimagerechtigkeit”, was bedeutet, dass die durch die Klimakrise verstärkten Ungleichheiten abgefangen werden sollen - Intersektionaler Feminismus macht genau das; Ungleichheiten zusammen denken und dagegen kämpfen.
Beinahe die wichtigste Erkenntnis ist, dass Frauen* und die Umwelt in unserem System den gleichen Ausbeutungsmechanismen unterliegen: Das Bruttoinlandprodukt belohnt Umweltschäden und ignoriert unbezahlte Care-Arbeit. Eine Stärkung der Care-Arbeit ist auch im Sinne des Klimastreiks, denn Care- ist besonders klimaschonende Arbeit.
Daraus lassen sich gemeinsame Forderungen ableiten: Zum Beispiel sollte das BIP zur Messung von Erfolg und Wohlstand eines Landes ersetzt werden durch etwas, das eine lebenstaugliche und lebenswerte Welt schafft. Oder: Eine radikale Arbeitszeitverkürzung führt zu besseren Arbeitsbedingungen, einer gerechteren Aufteilung von Care-Arbeit und geringerer Produktion von überflüssigen Gütern.
Klimastreikende sollten also, wenn nicht aus solidarischen Gründen, dann zumindest aus taktischen, den Frauen*streik unterstützen. Nur gemeinsam können wir die vorherrschende Politik, sowie das Produktions- und Verteilungssystem unter Druck setzen, und je mehr wir sind, desto lauter unsere Stimme. Noch lieber möchte ich aber sagen können: Wir Klimastreikenden streiken auch für feministische Anliegen, denn wir fordern nicht bloss eine lebenstaugliche, sondern auch eine lebenswerte Welt.
Bildquelle: "Keine Klimagerechtigkeit ohne Gendergerechtigkeit" postulierten feministische Netzwerke und Organisationen etwa 2009 in Bangkok. © Mongkhonsawat Luengvorapant/Oxfam
Quelle 1: https://orf.at/v2/stories/2417134/2417135/
(Dieser Text erschien erstmals am 24. Mai 2019 in der ersten Ausgabe des netto.null, dem Magazin des Klimastreik Schweiz)