Uns Linken wird oft vorgeworfen, wir seien gegen Effizienz. Das stimmt nicht. Effizienz ist toll, sie macht, dass wir weniger arbeiten müssen, um das Gleiche zu erreichen. Das Problem ist der Kapitalismus. Dazu eine kleine Geschichte:
Stell dir vor, du eröffnest mit zwei Freund*innen eine Bäckerei. Ihr teilt euch die Arbeit auf: Du stehst um 3 Uhr auf und knetest ganz viel Teig. Um 6 Uhr kommt Lisa, du kannst wieder ins Bett gehen. Lisa formt Gipfeli, Zöpfe, Brezeln und schiebt sie in den Ofen. Um 9 Uhr geht Lisa wieder schlafen und Arian verkauft bis 12 Uhr das Gebäck.
Jetzt kauft ihr Knetmaschinen, die deine ganze Arbeit übernehmen. Um gleich viel Gebäck zu produzieren braucht es drei Stunden weniger Arbeit. Was macht ihr? Ihr teilt die restlichen sechs Stunden neu unter euch auf. Alle arbeiten nur noch zwei Stunden am Tag, aber ihr produziert und verdient gleich viel wie vorher. Arbeitszeitverkürzung bei gleichbleibendem Lohn nennt man das. Toll, wenn Effizienz uns mehr Freizeit verschafft!
Was passiert aber im Kapitalismus mit Effizienz? Stell dir vor, die Bäckerei, wo du, Lisa und Arian arbeiten, gehört jemand anderem. Wenn jetzt Knetmaschinen gekauft werden und deine Arbeit überflüssig wird, wirst du einfach entlassen. Denn das Geld, das eingespart wird, wenn dir kein Lohn gezahlt werden muss, möchte die*der Besitzer*in für sich behalten. Ihr, die dort arbeitet, habt also nichts vom Effizienzgewinn. Lisa und Arian arbeiten immer noch gleichlang und du hast gar keinen Job mehr.
Leider passiert fast immer das Zweite. Ende August konnten wir lesen, dass die Credit Suisse die Hälfte ihrer Aargauer Filialen schliessen wird. Sie wollen damit ihre Geschäfte “effizienter gestalten”. Und sagen, dass in dem Zusammenhang Stellenabbau “unvermeidlich” sei. Das ist eine Lüge. Die CS könnte einfach die Arbeitspensen aller Arbeiter*innen halbieren und ihnen weiter den gleichen Lohn zahlen. Aber natürlich wollen das die Aktionär*innen der CS nicht. Sie wollen das Geld, das eingespart wird, selber haben. Und sie wollen sicher nicht, dass es den Menschen zugutekommt, die tatsächlich die ganze Arbeit machen.
Das bringt uns in eine heikle Situation. Wir finden Effizienz toll, aber wir leben in einem System, in dem Effizienzsteigerung gegen Lohnabhängige arbeitet. Arbeiter*innen müssen sich gegen Effizienz wehren, um ihre Lebensgrundlage zu sichern. Pervers.
Es gibt nur eine Lösung aus diesem Dilemma: Ein Wirtschaftssystem, in dem Effizienz den Arbeiter*innen zugutekommt!
(Dieser Text erschien erstmals im September 2020 im links, der Mitgliederzeitung der SP Schweiz.)