Wir sind heute alle hier, um Solidarität auszudrücken und Veränderung zu fordern. Wir sind heute hier, weil es wieder einmal soweit ist, dass die prekären und menschenunwürdigen Zustände an Europas Aussengrenzen dazu geführt haben, dass Medien darüber schreiben.
Weil wieder einmal ein Skandal öffentlich wurde, der ein kurzes mediales Interesse auslöste.
Wir sind heute hier, weil wieder einmal – oder immer noch, gegen Menschenrechte verstossen wird.
Gegen Rechte, die bei uns so selbstverständlich wirken, an den Aussengrenzen Europas jedoch keine Bedeutung zu haben scheinen.
Jeder Mensch hat das Recht, einen Asylantrag zu stellen.
Doch wie, wenn man gar nicht erst an Land gelassen wird?
Wenn man zurück über die Grenze gefahren und verprügelt wird?
Wie kann man einen Antrag auf Asyl stellen, wenn man in ein Flüchtlingslager gesperrt wird, als wäre es ein Gefängnis?
Wie sich sicher fühlen, wenn Rechtsextreme diese Lager niederbrennen?
Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit.
Doch wo ist dieses Recht, wenn Menschen in Lagern auf engstem Raum zusammengedrängt werden?
Wenn Lager, die eigentlich für 3000 Menschen gemacht sind, plötzlich 20’000 Flüchtende aufnehmen müssen. Und das während einer globalen Pandemie.
Wo ist dieses Recht, wenn man ignoriert, dass sich Krankheiten verbreiten, dass Menschen Hunger leiden und kein Wasser haben um sich zu waschen?
Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.
Doch wo ist dieses Recht, wenn Menschen an den Grenzen erschossen und Ertrinkende zurückgelassen werden?
Wenn Griechenland mitten in der Nacht Menschen aus den Flüchtlingslagern auf Lesbos aufs Meer hinausfährt, um sie dem Tod zu überlassen?
Ehrlich gesagt hat es mich wenig überrascht, als ich das in der Zeitung gelesen habe.
Schockiert, ja. Es hat mich wütend gemacht und traurig, es hat mich beschäftig. Aber überrascht, das hat es nicht.
Weil es im Grunde nichts Neues ist.
Weil an Europas Aussengrenzen die Menschenrechtsverletzungen seit Jahren Alltag sind.
Es gibt das internationale Seerecht, dem sowohl die Schweiz als auch die EU zugestimmt haben.
Dieses Recht verpflichtet Kapitän*innen dazu, Menschen in Not zu retten.
Und doch scheint seit einer Weile das genaue Gegenteil zu gelten:
Nun werden diejenigen kriminalisiert, die sich an geltendes Recht halten und die, die es ignorieren, werden für ihren Einsatz an den Aussengrenzen Europas gelobt.
Die Abschottungspolitik Europas, bei der die Schweiz unter anderem mit finanziellen Mitteln aktiv mitwirkt, führt dazu, dass Krieg gegen Flüchtende geführt wird.
Sie führt dazu, dass Menschen deportiert, vergewaltigt und gefoltert werden.
Sie führt dazu, dass Menschen sterben.
Wir sind heute hier, weil wir Veränderung möchten.
Und diese Veränderung, bei der können wir mithelfen.
Falls finanziell möglich, müssen wir Geld an NGOs spenden, die täglich dafür kämpfen, dass die Menschenwürde wiederhergestellt wird.
Wir müssen Petitionen und Initiativen unterschreiben.
Wir müssen demonstrieren, streiken und blockieren.
Wir müssen fordern, dass der Bund sich nicht mehr an diesen Menschenrechtsverletzungen beteiligt.
Wir müssen fordern, dass er sichere Fluchtwege schafft und ein menschenwürdiges Asylwesen aufbaut.
Wir müssen fordern, dass sich der Aargau zum sicheren Hafen erklärt und Flüchtenden eine neue Heimat bietet.
Wir müssen die Einhaltung der Menschenrechte fordern und das tun wir.
Heute, hier und jetzt. Und morgen, dort und dann.
Bei Menschenrechten gibt es kein Dazwischen. Menschenrechte sind nicht verhandelbar, man kann nicht “ein bisschen” Menschenrechte gewähren. Entweder man respektiert Menschenrechte, alle, bedingungslos, oder man muss mit Widerstand rechnen.
Wir sind der Widerstand – vielen Dank, dass ihr hier seid.
Hoch, die, antinationale, Solidarität!