In Lenzburg hat sich das Komitee StAu – Stopp Autobahnausbau im Aargau – den Medien vorgestellt. Die im Komitee engagierten Parteien und Verbände fordern in einer Resolution den Verzicht auf den Ausbau der A1 zwischen Aarau Ost und Birrfeld auf sechs Fahrstreifen, grundsätzliche Zurückhaltung im Ausbau von Strassen und eine Wende in der Mobilitätspolitik. Mit einer heute lancierten Petition will das Komitee Druck auf die Politik machen.
Der Bund plant schweizweit den Ausbau von Autobahnen. Im Kanton Aargau steht der Ausbau der A1 zwischen Aarau Ost und Birrfeld auf sechs Fahrstreifen im Vordergrund. Auf 12,6 Kilometern Länge soll die Fahrbahn beidseitig um eine zusätzliche Spur von 3,75 Metern Breite erweitert werden. Die Inbetriebnahme ist im Jahr 2037 vorgesehen und kostet voraussichtlich 768,6 Millionen Franken.
«Die Klimakrise, deren gravierende Auswirkungen sich immer deutlicher zeigen, muss zu einem Umdenken im Verkehrsbereich führen. Ein Drittel der CO2-Emissionen der Schweiz verursacht der motorisierte Strassenverkehr. Während die Emissionen in allen anderen Bereichen sinken, stagnieren sie im Verkehrsbereich auf hohem Niveau», sagte Christian Keller, Grünen-Grossrat und Geschäftsführer des VCS Aargau, am Samstag in Lenzburg vor den Medien.
Gravierende Folgen für Umwelt und Klima
Der Ausbau der A1 im Aargau bedeutete einen schweren Eingriff in den Boden. Er würde rund 25 Hektaren Land betreffen, davon sind über 14 Hektaren Landwirtschaftsland, grösstenteils wertvolle Fruchtfolgeflächen. Es müssten mehr als fünf Hektaren Wald gerodet werden. Eingriffe in Waldschutzgebiete von kantonaler Bedeutung wären unumgänglich. «Rund 10 Hektaren unter Schutz stehender Lebensräume würden Opfer einer Verkehrspolitik, die sich als untauglich erwiesen hat», sagte Keller als Wortführer des Komitees. «Hecken, Gehölze, Krautsäume, Halbtrockenrasenflächen – überlebenswichtige Habitate für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Flora und Fauna würden den Preis für diesen unvernünftigen Ausbau bezahlen.»
Nachfrageorientierte Verkehrspolitik hat sich als Sackgasse herausgestellt
«Auszubauen, wo ein Engpass besteht, ist ein Konzept aus den 1960er Jahren und nicht zukunftsfähig. Diese nachfrageorientierte Verkehrspolitik hat sich längst als Sackgasse herausgestellt; jeder Ausbau führt zwangsläufig zu Mehrverkehr», sagte Keller und verwies auf den Bau der 3. Bareggröhre, wo die zusätzlich geschaffene Kapazität innert weniger Jahre vom Mehrverkehr aufgefressen wurde.
Die Forderungen des Komitees gehen aber über den Verzicht auf den A1-Ausbau hinaus. Es sei grundsätzliche Zurückhaltung beim Ausbau von Strassen angezeigt, auch beim Kantonsstrassennetz. Grossprojekte wie die OASE im Ostaargau mit einer neuen Rheinbrücke oder VERAS im Raum Suhr würden die Probleme nicht beseitigen, sondern im Gegenteil verschärfen.
Für eine Mobilitätswende – jetzt!
Stattdessen sei ein Umdenken unumgänglich. Die Abhängigkeit vom Auto müsse reduziert und die bestehenden Kapazitäten mithilfe der Digitalisierung besser genutzt werden. «Schliesslich gilt es auch, den Stau zu akzeptieren», so das Komitee. Er sei das einzige Mittel, das verhindern könne, dass der Verkehr stetig weiter wächst. Die Strassenkapazitäten auf den Spitzenbedarf auszurichten, sei schlicht unsinnig und aus ökologischer Sicht nicht verantwortbar. «Wer im Stau steht, ist nicht Opfer, sondern immer auch Täter.»
Das Komitee stellt deshalb auch Alternativen für eine zukunftsfähige Mobilitätspolitik vor. In einer Resolution fordert das Komitee, den ÖV massiv auszubauen und günstiger zu machen, Carsharing-Angebote zu fördern und ein flächendeckendes Velowegnetz zu bauen und dadurch die Mobilitätswende einzuleiten. Denn, so sagen sie, mehr Autobahnen führen zu längeren Fahrstrecken und noch mehr Autos auf den Strassen.
Komitee aus Umweltverbänden und kantonalen Parteien
Das Komitee StAu vereint progressive Kräfte aus der Politik und der Umweltbewegung. Stand heute gehören dem Komitee die kantonalen Sektionen von VCS und WWF, die Klimastreikbewegung, die IG OASAR, SP und Grüne Aargau sowie die kantonalen Jungparteien JUSO, jGLP und Junge Grüne an. Sie alle vereint die Forderung: Wir brauchen eine Mobilitätswende – jetzt!
Da die Verantwortung für die Nationalstrassen beim Bund liegt, vernetzt sich das Komitee mit der Nationalen Austausch- und Koordinationsgruppe «Verkehrswende Jetzt», die zahlreiche Oppositionsgruppen in den jeweiligen Regionen vereint.
Jonas Fricker, Co-Präsident des WWF Aargau sagt: “Der WWF Aargau setzt sich für die Biodiversität und den Klimaschutz ein. Die Verbreiterung des A1 auf 6 Spuren führt zu weniger Lebensraum für Tiere und Pflanzen und zu mehr CO2-Ausstoss durch Mehrverkehr. Somit sind die beiden wichtigsten Ziele des WWF negativ betroffen.”
Kristina Schärer, Vertretung des Klimastreiks Aargau erklärt: “Der Klimastreik Aargau hat seit dem Ursprung der Bewegung ein Ziel, welches eigentlich selbstverständlich sein sollte: Die Lebensgrundlagen für uns und zukünftige Generationen zu erhalten.”
Ramon Balimann, Co-Präsident der JGLP Aargau sagt: “Die jglp Aargau setzt sich für nachhaltige Mobilität mit Verstand ein. Es ist wohl unbestritten, dass in den nächsten Jahren die Reduktion von Lärm- und Umweltemissionen eine hohe Priorität geniessen muss. In erster Linie soll der Verkehr vermieden werden und in einem zweiten Schritt muss eine Verlagerung vom MIV auf effizientere Verkehrsmittel stattfinden.”
Peter Weihrauch, Co-Präsident der Jungen Grünen Aargau und Initiator der Petition, stellt fest: “Die Jungen Grünen Aargau können nicht nachvollziehen, dass der Individualverkehr durch den Ausbau der A1 weiter gefördert werden soll. 2037 sollten weniger Autos auf Schweizer Strassen fahren, nicht mehr! Deshalb bekämpfen wir dieses Vorhaben entschieden und fordern eine zukunftsfähige Mobilitätspolitik.”
Kontakte für Rückfragen:
Christian Keller, Grüne Aargau, 077 412 20 19
Peter Weihrauch, Junge Grüne, 078 920 45 15
Maurus Kaufmann, VCS Aargau, 062 530 19 50 (Samstag tagsüber) Jonas Fricker, WWF Aargau, 076 202 50 70
Martin Brügger, SP Aargau, 078 824 71 28